As an agender/genderless person, I reject traditional gender norms by refusing to let society define who I am based on gender categories. I don’t see myself as male or female, and I don’t feel comfortable fitting into the expectations or roles that come with those labels. For me, being agender is about embracing my own sense of self, free from the limitations and assumptions that come with binary gender norms. It’s an ongoing process of self-discovery and self-acceptance, and it means standing up for my right to exist authentically, even when that challenges the norms or makes others uncomfortable. With this interview (in German) for the Agender/Genderless Interviews Book (epub) published by Amalia Zeichnerin I hope to encourage more understanding and acceptance of all identities beyond the binary.
Vorname oder Nickname: Lioh
Pronomen: sie/ihr (im Englischen they/them)
Wann und wo hast du zum ersten Mal den Begriff agender bzw. genderless oder geschlechtslos als Gender-Identität gehört, gelesen, gesehen?
Von dem Begriff habe ich das erste Mal 2006 gehört, als ich auf der Suche nach meiner Identität beim TGNS vorstellig geworden bin. Das TGNS (Transgender Network Switzerland) bietet regelmässig Sprechstunden an und ich konnte dort mit einem sehr lieben Menschen reden. Wir haben uns lange über non-binary, agender und genderless und ich hatte das Gefühl, nicht mehr allein mit meiner Wahrnehmung zu sein.
Erzähl uns von deiner Reise zu deiner (heutigen) Gender-Identität. Was waren Schwierigkeiten
und gute Dinge, die du währenddessen erlebt hast? Gab es vielleicht ein Schlüsselerlebnis für dich, das dich auf deinem Weg weitergebracht hat?
Ich hatte immer das Gefühl eine Rolle ausfüllen zu müssen. Der Macho-Mann, der Vater, der Versorger. Tatsächlich wurde das auch so von meiner damaligen Partnerin erwartet, bis ich irgendwann in einem Burn-Out gelandet bin. Das hat mich gezwungen mich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, da ich wusste, dass es so wie bisher nicht mehr weiter gehen konnte. Zu Beginn war das Thema für mich aber überhaupt nicht greifbar, da ich nicht einmal wusste, das es so etwas gibt. Durch die Auseinandersetzung mit mir, meinem Körper und meiner Selbstwahrnehmung konnte ich zu dem werden, was ich heute bin: Ich selbst.
Hast du agender/genderless Vorbilder im realen Leben oder vielleicht Figuren/Charaktere aus der Popkultur, mit denen du dich gut identifizieren kannst, bzw. dich gut repräsentiert fühlst? Oder andere Personen, auf die ähnliches zutrifft?
Ich tue mich eher schwer mit Vorbildern, was vielleicht auch mit meinem ADHS zu tun hat. In meinem Freundeskreis kannte ich bis zu dem Zeitpunkt niemanden, dem es ähnlich ging. Erst als ich mir gezielt Hilfe gesucht habe, hat sich mein Horizont erweitert. Auf diesem Wege durfte ich viele tolle Menschen kennenlernen, zu denen ich zum Teil auch heute noch Kontakt habe.
Wie ist dein Verhältnis zur (weiteren) queeren Community, offline und/oder online?
Die queere Community war für mich immer ein Anlaufpunkt und sie hat mich auf meiner Reise lange Zeit begleitet. Ich bin auch weiterhin bei Queeramnesty aktiv und setze mich dort für die Rechte und die Gleichstellung von LGBTQ+-Menschen ein.
Wenn du dich teilweise oder schon mehrfach als agender/genderless geoutet hast, wie waren die Reaktionen aus deinem Umfeld, wenn du etwas darüber erzählen magst?
Mein Outing war eher schmerzhaft. Meine Mutter, die sehr christlich erzogen wurde, konnte zunächst damit überhaupt nichts anfangen. Mein Vater und mein Bruder waren hingegen offener. Am schlimmsten hat mein Arbeitgeber reagiert, dem ich erst vertraulich davon erzählt habe, und der mich dann zu einem Outing vor allen Kunden gezwungen hat. Das war eine sehr schmerzhafte Erfahrung für mich und ich würde heute darauf wahrscheinlich mit einem Stellenwechsel reagieren.
Bist du Teil einer Jugendkultur oder Subkultur, in einem oder mehreren Fandoms, hast du in einem Hobby viel Kontakt mit anderen und wie erlebst du dich dort mit deiner Gender-Identität, falls das überhaupt eine Rolle spielt?
Ich bin seit vielen Jahren aktiv in der Freien Software Szene und habe dort bereits mehrfach leitende Funktionen inne gehabt. Dort fühle ich mich gut aufgehoben und verstanden. Natürlich können nicht-Betroffene nur zum Teil nachvollziehen, wie ich empfinde, aber ich habe immer das Gefühl gehabt, dass damit wertungsfrei und offen umgegangen wird.
Falls du Teil weiterer marginalisierter Gruppen bist, wie beeinflussen diese Intersektionalitäten dein Leben und deine Gender-Identität?
Als neurodivergenter Mensch (ich habe von nicht allzu langer Zeit endlich meine ADHS Diagnose erhalten) sehe ich mich immer wieder mit herausfordernden Situationen konfrontiert. Dies betrifft unter anderem die Stigmatisierung die gesellschaftlich aktuell durch die Demagogen und den Wendehälsen betrieben wird. Tatsächlich hat diese Stimmungsmache negative Auswirkungen auf meinen Alltag, denn ich werde deutlich häufiger schräg angeschaut, angemacht und diffamiert. Ich sehe mich auch den christlichen Grundwerten verbunden und musste feststellen, dass für meine Identitätswahrnehmung zumindest in den Gemeinden in denen ich aktiv war, kein Raum vorhanden war.
Und wie beeinflussen deine sexuellen, romantischen und/oder weitere Orientierungen dein Leben und deine Gender-Identität? (Die Frage gilt natürlich auch für das asexuelle Spektrum und Aromantik.)
Es bedeutet das ich insbesondere bei einem Erstkontakt viel mehr Aufklärung leisten muss. Ich habe oft das Gefühl zunächst einmal einige Hintergründe zu erklären, bevor ich einem anderen Menschen näher kommen kann. Ich möchte mich auf keine Bindungen oder sexuelle Kontakte einlassen, bei der kein Verständnis für meine Wahrnehmung vorhanden ist.
Lass uns zum Abschluss über Genderless Joy sprechen. Was war ein schönes oder dein schönstes Erlebnis bisher, dass du im Zusammenhang mit deiner Gender-Identität erlebt hast?
Ich habe das erste Mal das Gefühl, wirklich ich selbst sein zu können. Dies betrifft meine Selbstwahrnehmung aber auch wie ich mich kleide und wohlfühle. Ich fühle mich nicht mehr den Zwängen der Binarität unterlegen und mit mir verbunden. So kann ich auch authentischer in Kontakt mit anderen Menschen treten, was mir immer öfter auch gelingt, sofern sich das Gegenüber offen zeigt. Von meinem Umfeld fühle ich mich sehr gut verstanden und unterstützt. Ich habe das erste Mal das Gefühl auch meinen Körper wirklich zu akzeptieren und zu lieben. Ohne Leistungsdruck und Erwartungen von Aussen.